#11 Good Old Selbstzweifel

Symbolbild: Nachdenklicher Klemens in den Hügeln vor Wien.

Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht so recht, wo ich diese Woche anfangen soll… Fix ist: Jeder Mensch plagt sich hin und wieder mit Selbstzweifel – glaub ich zumindest, Ausnahmen bestätigten wie immer die Regel. Also: Bin ich gut genug? (Spoiler: Ja!) Warum können andere alles besser? Und ich kann euch diese Woche nicht unbedingt drei große Tipps versprechen, mit denen ihr mehr Selbstvertrauen bekommt. Ich kann nur von mir selbst sprechen und empfehlen: Schaut auf euch und das, was und wer ihr sein wollt! Und seid empathisch euren Mitmenschen gegenüber! Ich schreibe mal drauf los – und schauen wir was rauskommt, okay? Ich befürchte, es wird ein wilder Mix aus autobiografischen Absätzen, Selbstfindung und Seelen-Striptease. Oy, ich hab schon bessere Teaser als ersten Absatz geschrieben… 🙂 Ready?

Gerade im künstlerischen Umfeld ist es manchmal schwer, sich selbst treu zu bleiben, bzw. sich selbst immer noch gut zu finden, wenn man rundherum blickt und gefühlt alle anderen bessere, schönere Videos mit geileren Songs produzieren und dazu noch viel mehr Follower haben. Ich hatte immer viel Selbstvertrauen eigentlich – in mich, in meine Fähigkeiten. Da habe ich wohl eine Menge Selbstwertgefühl von zu Hause mitbekommen. Ich durfte immer sein, wer ich bin. Aber ich glaube, meine Angst, nicht gut genug zu sein, die Angst davor, mich ständig messen zu müssen, hat mich nach meiner Schulzeit ein Stück weit daran gehindert, die Musik schon damals zum Beruf zu machen. Alleine schon die Hürde Aufnahmeprüfungen: Will ich mich mit anderen vergleichen – und womöglich den Kürzeren ziehen und abgelehnt werden? Ich glaube, es war durchaus Selbstschutz bzw. mangelndes Selbstvertrauen, dass ich mich damals für ein anderes Studium entschieden habe – auch wenn ich das damals natürlich niemals so zugegeben hätte bzw. vielleicht auch gar nicht so wahrgenommen habe, auch weil es nur ein Teil der Wahrheit war.

Ich schreibe das hier alles nicht, weil ich von Selbstzweifeln geheilt und so unendlich weise bin. Im Gegenteil – ich schreibe das eben, weil ich manchmal wie ein Trottel in die selbst geschaufelte Grube aus alten Mustern falle: Vergleiche mit anderen sind sinnlos. Weil niemand so ist wie ich. Und ich will nicht sein wie jemand anderes, ich will die beste Version meiner selbst sein. Ich will nicht üben, damit ich jemanden anderen übertrumpfe, sondern damit ich mich gut fühle und mich an Fortschritten freuen kann. Sollte es nicht so sein?

Ich habe folglich beschlossen, meine Perfektion abzulegen. Etwa was meine Homepage und meine zwei Demo-Videos als Hochzeitssänger angeht – um zwei Beispiele zu nennen. Sollte ich etwa aus Sorge darüber, dass die Videos etwa nicht gut genug sind (subjektiv nicht so gut wie Videos von Kolleg*innen), sie etwa nicht zu machen? Natürlich heißt das nicht, dass ich mich nicht bemühe, das Beste rauszuholen und mein Bestes zu geben. Aber wie oft stoppt dich zum Beispiel der Gedanke, dass es ja eh nicht perfekt sein wird? Vielleicht beim Karaoke singen? Bei Überlegungen, ein kleines Konzert zu organisieren? Der Gedanke, zu einer Audition zu gehen? Klar kann es schiefgehen. Aber das alles deswegen nicht machen? Es nie erfahren, ob man die Rolle nicht doch bekommen hätte?

Das heißt nicht, dass man nicht abwägt und sich auch schützen darf. Fühlt es sich richtig an? Dann ist es gut. Und dann kann es auch gut sein, etwas nicht zu machen. Das ist wohl ein schmaler Grat, der immer ein wenig Balanceakt ist.

Sich für andere Menschen freuen können

Neid ist ein Hund, sagt man so schön hier in Österreich. Und diesen Neid in ein „sich für andere Freuen können“ zu verwandeln, kann ebenso harte Arbeit sein. Aber dieser Support von anderen ist unbezahlbar. Wenn ich spüre, dass sich jemand mit mir freut, dass etwas gelungen ist. Und mir ist es deshalb unglaublich wichtig, selbst meine Freude zu teilen und anderen zu zeigen, dass ich sie bewundere für das, was sie auf die Beine stellen. Andere zu motivieren, ihren Weg zu gehen, andere aktiv zu loben für Dinge, die ich an ihnen bewundere.

Und so halte ich es auch mit meiner Arbeit als Vocal Coach. Zusammenarbeit, Kommunikation und Lernen von Kolleg*innen ist so unglaublich wichtig – und kommt auch viel zu kurz. Schließlich ist man doch auch irgendwie Konkurrenz. Und es ist manchmal hart, eine*n Sänger*in zu verlieren und zu hören, dass sie/er jetzt bei wem anderen singt. Sich dann NICHT zu denken, oida, ich bin unfähig. Warum war meine Leistung nicht gut genug? Natürlich ist Selbstreflexion manchmal angebracht. Klar. Aber: Warum sehe ich manchmal nicht, wie viele Menschen mich schon jahrelang begleiten als Sänger*innen und in meine Stunden kommen? Und Sänger*innen tut es natürlich auch gut, mal den*die Lehrer*in zu wechseln, bzw. nicht jede*r Coach passt zu jede*m Sänger*in – Sympathie, die Art zu kommunizieren, spezifische Themen, Ort, Zeit,…. Und dennoch ist es manchmal richtig Arbeit, nicht in Selbstzweifel zu verfallen. Umso wichtiger ist es, sich darüber auszutauschen – mit Kolleg*innen und Freund*innen, die einem oft wieder die richtige Perspektive aufzeigen können.

Also dann probier ich’s doch mit Blog-liken VIER Tipps gegen Selbstzweifel, die „FÄRP-Regeln“ – it’s a thing, google it! 😉

  • Freue dich mit anderen an ihren Erfolgen und Fortschritten. Und suche in ihrem Einsatz, ihrem Bemühen, ihrer Arbeit, ihrer Bereitschaft zu wachsen Inspiration für deine eigenen Ziele.
  • Ärgere dich nicht, wenn andere schnellere Fortschritte machen – es macht keinen Unterschied für dich! Fokussiere auf dich und deine beste Version von dir selbst. Was andere leisten oder nicht leisten, hat damit rein gar nichts zu tun.
  • Rede mit anderen, teile deine Gefühle, suche den Perspektivenwechsel!
  • Sei nicht zu perfektionistisch und hart zu dir selbst, vergiss nicht, auch dorthin zu blicken, was du gut kannst, was gut ist. Und gönne dir Fehler! Fehler machen bedeutet, dass du lernst!

Das war’s auch schon wieder für heute. Hätte ich länger schreiben sollen? Geordneter? Fundierter? Vermutlich! Aber wisst ihr was? Ich bin schon richtig happy damit, dass ich den Blog schon so lange durchziehe!

Ich hatte gerade einen wirklich schönen (Donnerstag-)Abend mit netten Menschen von der Crew des „Theaters im Neukloster“ und habe mich dabei scherzhalber „beschwert“, dass niemand auf meine Fragen am Ende des Blogs antwortet. Also muss ich jetzt testweise eine stellen: Schreibt doch mal alle in die Kommentare, was ihr gut könnt! Das gestehen wir uns viel zu selten zu. Ich fang mal an: Ich kann wirklich gut mehrstimmig singen. Da bin ich nur schwer aus der Bahn zu werfen.

Und falls euch das zu gefühlsduselig ist: Worüber soll ich denn demnächst schreiben? Freue mich auch über Themen-Vorschläge – nicht dass sie mir schon ausgegangen wären, keine Sorge 🙂

Du bist gut so, wie du bist! Vertrau dir! Happy #vocalfriday!

P.S.: Wer im Wintersemester freitags Lust auf Gesangsstunden in Wiener Neustadt hat, bitte melden, Anmelde-Deadline für die ersten Termine am 17. und 24.9. ist am Sonntag (12.9.).

Coming up on Vocalfriday #12

Kopfstimme – Was ist das? Wie kann ich in der Kopfstimme singen? Haben Männer auch eine Kopfstimme? Warum heißt das überhaupt so? Und was machen meine Stimmbänder dabei? Und – kann Klemens diese Fragen wirklich akkurat beantowrten?

am 17.9. hier im Blog

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

6 Kommentare zu „#11 Good Old Selbstzweifel

  1. Hi Klemens! Wieder mal ein toller Blog-Beitrag!
    Und weil ich eine von denen war, die die „Beschwerde“ über fehlende Kommentare live miterlebt hat: Ich glaube ich kann gut zuhören, also auch während des Singens die anderen Mitsänger*innen hören und mich in den Klang einordnen.

    Gefällt 1 Person

  2. Hi Klemens 🙂 Habe heute deinen Blog entdeckt und bin begeistert. Keine zu langen Beiträge, wo die Lust vergeht, sie ganz zu lesen… Schön *inclusive*… Und der lockere Ton rundet all die hilfreichen Tipps gut ab. Zu deiner Frage: Meine Intonation ist super.
    Und ein Thema, das mich interessieren würde, wäre, wie man daran arbeiten kann, dass die Wangenknochen in der Kopfstimme mehr vibrieren… Bei mir passiert da einfach gar nix. Ich bin aber auch noch nicht zu deinen Kopfstimme-Artikeln gekommen – vielleicht finde ich da eine Antwort! 😀
    Liebe Grüße und weiter so
    Leni

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    1. Liebe Leni, danke dir für deine lieben Worte!

      Wangenknochen und Resonanz ist jedenfalls ein Thema, das ich gerne mal aufgreife in der Zukunft. Das ist auch so ein Bereich beim Singen, den jede:r anders spürt: wo vibriert was und wann? Und „muss“ etwas an einem bestimmten Ort vibrieren, dass der Sound so ist, wie du ihn magst? Das wäre mal die eher unkonkrete erste Antwort meinerseits, haha. Aber im Grunde geb ich dir schon recht: Wenn die Wangenknochen vibrieren kann das ein gutes Zeichen sein. Aber es ist nicht uuunbedingt zwingend für jede:n spürbar und ein „unbedingtes“ Empfingen beim Kopfstimme singen. Hängt sicher auch genau von der Tonhöhe ab, welche Frequenzen wo mitschwingen im Körper.

      Wünsche dir einen schönen Jahresanfang! Alles Liebe, Klemens

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      1. Danke für deine Antwort! 🙂 Genau genommen ist mein „Problemchen“ natürlich nicht, dass die Wangenknochen nicht vibrieren… Sondern, dass ich in der Höhe noch nicht so kräftig singen kann, wie ich gerne würde. Ich bin auf jeden Fall gespannt auf zukünftige Beiträge dazu! Frohes Neues!

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