#22 „sssssssssssss“: Let it flow, let it flow, let it flow!

Gedanken über die „Stütze“. Was ist das überhaupt? Wie kann man richtig „stützen“ oder „supporten“? Alles etwas verwirrend manchmal. Muss es aber nicht sein. Es gibt ein paar konkrete Dinge, die man als Sänger*in tun und ausprobieren kann, um länger, lauter, höher/tiefer singen zu können 🙂 Das Unpraktische an der „Stütze“: Sie muss immer wieder adaptiert werden.

Aus einer Phrase „auftauchen“ und noch Luft über? Dann gilt es, die Atemstrombalance noch zu perfektionieren. (c) JamesDeMers/pixabay

Ich bin diese Woche nicht ganz bei der Sache, muss ich ehrlich zugeben. Diese ganze Lockdown-Kiste beschäftigt und ermüdet meinem Kopf. Dieses ewige Umdisponieren, Absagen, Neu-Einladen, Neu-Motivieren ist anstrengend. Zum Beispiel „Safer Six“-Konzerte, die für das erste Adventwochenende geplant waren. Die Tage davor: üben, lernen, lernen… Und jetzt drei Wochen nix tun? Übrigens das Konzert könnte – wenn wir Glück haben – nun am Samstag 18.12. um 16 Uhr stattfinden… Es wäre jedenfalls super, wenn ich mir das schöne Weihnachtsprogramm nicht umsonst schon heuer reingezogen hätte. Übrigens II: Wie creepy ist eigentlich der Text von „Kling Glöckchen Klingelingeling“ „Hell erglühn die Kerzen, öffnet mir die Herzen, will drin wohnen fröhlich“ … okay, ihr seht, ich bin etwas leicht ablenkbar. Die Vorstellungen vom „Froschkönig“ im Theater im Neukloster starten hoffentlich ebenfalls noch vor Weihnachten. Aber es heißt wohl: flexibel bleiben. Und bis dahin versuche ich mein Lauftraining wieder etwas zu intensivieren… 🙂

No worries, es gibt auch ein bisschen Inhalt heute

Aber deshalb lest ihr alle nicht meinen Blog, oder? Aber mir ist das wichtig, dass ich hier am #vocalfriday auch ein bisserl aus dem Bauch heraus schreiben kann – wie mir die Finger gerade so in den Laptop fallen… Stichwort Bauch – angekündigt war ja das Thema „Stütze“, das ich heute ausnahmsweise nur kurz abfange – mit dieser Übung, die wohl oft Bestandteil eines Warm-ups bei Gesangspädagog*innen ist. Ich möchte ihr kurz auf den Grund gehen. An dieser Stelle empfehle ich den vocalfriday#17 über vier Missverständnisse beim „Atmen für Sänger*innen“.

„Stützen“ oder „Support“ beschreibe ich zuletzt meistens als: „Die Bereitstellung der richtigen Menge an Ausatemluft für den richtigen subglottalen Druck für genau den Ton und Klang, den ich gerade singen will.“ Und ich bin wirklich nicht sicher, ob diese Erklärung wirklich alles umfasst. Eine andere Erklärung für Stütze ist: Das Zurückhalten von Luft. Das ist irgendwie die simplere Erklärung. Wenn wir sprechen oder reden, versperren unsere Stimmbänder schließlich den Weg der Ausatemluft, bzw. halten sie auf. Wir verzögern den Atem-Prozess sozusagen. Wenn wir längere Phrasen singen wollen, müssen wir mit unserer also Luft haushalten – sie also nicht rausplatzen lassen wie aus einem Luftballon, bei dem wir keinen Knoten geschafft haben.

Und um das zu üben und unsere Ausatem-Muskalatur ein bisschen besser kennenzulernen, kann folgende Übung eine gute Hilfe sein. Und sich damit zu beschäftigen und „in sich selbst“ reinzuspüren kann auch für den geübtesten Profi immer wieder lohnend sein.

Die Übung: Das lange „ssss“

Ein Klassiker unter den Gesangsübungen. Fällt mehr in die Kategorie „Zurückhalten der Luft“ und geht in Kurzbeschreibung so:

  1. Hände auf die unteren Rippen legen, Weitung beim Einatmen spüren.
  2. Ausatmen + „entspannt“ Einatmen (also nicht massiv Luftholen).
  3. Auf einem „ssss“-Laut „ausatmen“, den Luftstrom und die Lautstärke dabei konstant halten.
  4. Die Muskeln spüren, die dabei helfen, die unteren Rippen eher draußen zu halten.
  5. Den Bauch nach innen kommen lassen, aber mit „Resistance“, als ob jemand von innen ein wenig Gegenwehr leisten würde. Aber die Bewegung nach innen „gewinn“ den Kampf.
  6. Wenn wenig Ausatemluft mehr da ist: loslassen und einatmen. Nicht übertreiben 🙂
  7. Repeat! Womöglich die „Resistance“ in der Bauchbewegung intensivieren. Also den Bauch nicht ganz so schnell nach innen kommen lassen. Was tut gut und was hilft dabei, das „sss“ länger zu halten?
  8. Stoppe die Zeit: Wie lange schaffst du das „sss“? Selbstreflexion: Welche Faktoren helfen dir dabei, die Luft gleichmäßig bzw. länger nutzen zu können?

Es geht nicht ausschließlich darum, länger Luft beim Singen zu haben. Ich empfinde diese Übung als ideal, um alle deine Stütz-Muskeln bzw. Ausatem-Muskeln überhaupt einmal zu lokalisieren. Welche Muskeln helfen dabei, den Luftstrom zu kontrollieren? Diese Kontrolle ist essenziell beim Singen. Beobachte:

  • Hast du das Gefühl, du setzt zu viele Bauchmuskeln ein – die Bauchoberfläche ist eher angespannt? Dann fokussiere mehr auf die Bewegung nach innen.
  • Hast du das Gefühl dein Bauch geht zu einfach nach innen, die Rippen „fallen zu schnell nach innen“? Dann fokussiere mehr auf die „Resistance“, den Widerstand, dass dein Bauch nicht ganz so leichtes Spiel hat.

>> Wichtig: Es muss immer Bewegung geben – nie einen Stillstand. Den Bauch starr „rausdrücken“ ist sicher keine gute Stütze beim Singen.

Erfahrungsgemäß wirkt die „sss“-Übung jetzt nicht unbedingt sexy und aufregend. Haha. Aber es kann ein guter Einstieg in eine Session sein oder ein „Runterkommen“ vom Alltagsstress – oder natürlich ein voller Fokus auf die Ausatem-Muskulatur und „Stütze“ gut spüren.

Ich hoffe, euch geht’s gut! Happy #vocalfriday!

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

2 Kommentare zu „#22 „sssssssssssss“: Let it flow, let it flow, let it flow!

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