#41 Vier Stunden singen und nicht heiser werden!

Es ist schon so: Wer singt und danach heiser ist, der macht etwas verkehrt. Bäm. Was nicht heißt, dass es ein Drama ist, wenn man nach einem mehrstündigen Konzert ein bisserl überanstrengt klingt. Oder nach einer langen Probe. Alles eine Frage der Dosis. Aber es zeigt auf jeden Fall, dass es Optimierungspotenzial gibt. Und sollte nicht immer so sein. Klar: Tipp eins: Perfekte Gesangstechnik… :-p Und das ist natürlich recht individuell. Und wer ist schon perfekt?

(c) Pixabay

Ich jedenfalls nicht…. Und so schreibe ich diesen Blogbeitrag angesichts der anstehenden Hochzeitssaison quasi für mich selbst… Weil so ein Volle-Power-Party-Gig mit der Band, da heißt es wirklich haushalten mit den Kräften und der Stimme. Und dabei herumhüpfen und eine Show abziehen, macht die Sache wirklich nicht leichter. Also, Klemens, lies dir das dann in Ruhe nochmal durch… Und vielleicht ist ja für euch auch etwas Interessantes dabei 😉

(1) Repertoire / Tonarten

Okay, das ist mal wieder Kategorie „Captain Obvious“. Klar man hat nicht immer die Wahl, wer ein Chorkonzert singt, wird sich die Tonart und das Repertoire nicht aussuchen können. Aber als Coverband-Sänger:in, habe ich meistens sehr wohl die Wahl: Welche Songs kommen ins Programm – und vor allem: in welcher Tonart? Klar kommt’s oft höher irgendwie besser/griffiger durch die Boxen, aber man muss sich nicht quälen. Lieber einen Halbton/Ganzton tiefer machen. Und wenn’s Songs gibt, die einem irgendwie so überhaupt nicht liegen, warum nicht aus dem Programm nehmen?

(2) Supportökonomie

Eines meiner Lieblingswörter. Klingt nach einem Bachelor auf der Wirtschaftsuni, meint aber einfach nur: Setze deine Stütze weise ein – also: da wo du sie brauchst, dort aber richtig. Den Luftstrom schön unterstützen und nicht pressen. Aber auch nicht faul werden beim Supporten. Immer wieder bewusst den Klang fließen lassen, vielleicht in manchen Songs bewusst einen anderen „Support-Gedanken“ wählen. Einmal verstärkt den Rücken breit „denken“ für schwierigere Passagen, die mehr Stütze brauchen. In Rocksongs braucht’s vielleicht mehr aktive Bewegung oder Resistance im Bauch. Das ist individuell. Songs, die einen erfahrenermaßen fordern, ganz bewusst auch nochmal üben, auch wenn man sie schon Tausende Male gesungen hat. Wo sollte ich besser, präziser supporten – und wie?

(2) Mode-Ökonomie (Klang/Lautstärke-Ökonomie)

Das kann man sicher irgendwo tatsächlich studieren. Gemeint ist hier aber der CVT-Begriff „Mode“, also englisch ausgesprochen. Der Modus des Singens. Auf die CVT-Klänge und Modes gehe ich jetzt nicht genauer ein, aber überleg dir: Wie soll bzw. kann der Ton klingen und wie „muss“ er klingen, damit er einerseits zum Song passt, andererseits auch im jeweiligen Setting machbar und ökonomisch ist. Ein Beispiel: Wenn ich ohne Mikrofon in einem Wohnzimmer einen Akkustik-Gig mit meinem Klavier spiele, kann ich andere Klänge einsetzen als ein Akkustik-Gig bei einer standesamtlichen Trauung in einem Garten. Leise Töne werden im Garten ohne Mikrofon wohl nicht zu hören sein, wenn ich nicht einen Gang höher schalte. Und mit Mikrofon ist wieder alles anders, da kann – wenn die Technik gut eingestellt ist – ja auch hauchige, leise Töne singen und werde gehört.

Insofern also: Wie laut muss ich wirklich den Refrain von „Let Me Entertain You“ gefühlte 37 Mal in die Menge gröhlen? Und ich persönlich – weil ich mich kenn‘ – muss mich manchmal auch entscheiden: Weil laut ist ja okay, aber dann muss ich’s richtig durchziehen. Auf CVT-Sprache: Overdrive/Edge Highway. Vollgas! Support, Setting, das muss sitzen. Und nicht halbseiden ein paar Töne aus mir gequetscht rausbrüllen! Trotz Mikrofon ist bewusst und laut meistens (für mich persönlich) die bessere Lösung – vor allem bei Power-Liedern. Denn je später die Stunde, desto lauter wird auch die Band erfahrungsgemäß… Aaaaber oft kann man sich eben auch mehr auf das Mikrofon verlassen und doch nur in mittlerer Lautstärke singen und sich ein „paar Körner aufsparen“. Denn auch „technisch richtiges“ lautes Singen kostet Kraft, fordert Fokus und bedarf durchaus Ausdauer.

Und weil wir zuerst schon über Chorsänger gesprochen haben. Klar gibt es Klangvorstellungen der chorleitenden Person. Die werden wir als Sänger:innen natürlich brav befolgen. Dennoch gilt auch hier: Bewusst den Klang wählen, sich nicht überpowern, wenn es nicht notwendig ist.

(3) Technik auschecken

Und in diesem Fall meine ich tatsächlich Technik-Technik. Mikrofon und so. Ein kleiner Dreh am richtigen Knopferl am Mischpult kann Wunder bewirken. Die Stimme wirklich gut einstellen mit den EQ-Reglern (Höhen/Mitten/Bässe einstellen). Und im Soundcheck darauf achten, dass die Mischung Stimme zu Band passt. Und fast noch wichtiger: Wie ist das Monitoring? Also wie hörst du dich selbst? Hörst du dich gut genug? Oft ist das der Schlüssel, um sich nicht die Seele aus dem Leib zu brüllen beim Singen. Manche schwören ja noch auf Hall als Effekt – sogar am Monitor. Das gibt das Gefühl, dass die Stimme besser trägt, man nicht so „anschieben muss“. Also es zahlt sich jedenfalls aus, hier ein wenig herumzuexperimentieren mit dem Equipment und den Einstellungen – und im Zweifel ein paar Youtube-Videos zu dem Thema als Einstieg zu hören. Ich bin wahrlich kein Tontechnik-Experte, aber so die Basics, die mich als Sänger betreffen, habe ich mir dann doch angeeignet. Es ist einfacher, wenn man weiß, was man wie ändern und damit in den Griff bekommen kann.

(4) Warm-up / Cool-down

Stimme aufwärmen ist sehr individuell und jetzt rein physisch nicht unbedingt notwendig, dazu hab ich hier schon einmal einen Blogbeitrag geschrieben. Ich denk‘ mir, ein kleines Warm-up schadet nicht. Evtl. ein paar Sounds ausprobieren, sich die Gesangstechnik, die man braucht, wieder in Erinnerung rufen. Ein Cool-down finde ich persönlich immer ganz angenehm, wenn meine Stimme einfach etwas strapaziert ist vom Gig, aber nicht wirklich heiser. Einfach ein paar einfache SOVT-Übungen (ng, v, Summen, Liptrills/Lippenflattern, Laxvox), dann fühlt sich meine Stimme wieder etwas geschmeidiger an. Eine kleine Massage für die Stimmbänder nach getaner Arbeit sozusagen.

(5) Reflexion

Und wenn’s noch Verbesserungspotenzial gibt, dann unmittelbar in den Tagen nach dem Auftritt noch einmal in Ruhe alles durch den Kopf gehen lassen: Welcher Song war furchtbar anstrengend und warum? Wo können wir die Tonarten anpassen, wo kann ich technisch (doppeldeutig) noch nachbessern? Muss ich ständig herumhüpfen bei den Partysongs? (JA!…) Haha. Und so gilt es, nach und nach für sich die Balance zu finden.

Also nur Mut. Im Zweifel sich auch trauen, etwas zu verändern oder mal eine Gesangsstunde zu buchen 🙂 Mit ein paar kleinen Tricks, kann man sich jedes Lied gut zurechtlegen.

Die nächstes Termine mit „Safer Six“
Programm „Sound of Cinema“

Freitag, 13. Mai: Stadtkino Ternitz
Freitag, 3. Juni: Kulisse, Wien

Alle Infos dazu auf unserer Homepage!

Kartenverkauf für Musical „Godspell“ gestartet

Das Ensemble des Theaters im Neukloster in Wiener Neustadt spielt eeeendlich wieder „Godspell“ (nach 1998 und 2003). Eigentlich wär’s ja 2020 schon geplant gewesen. Tolle Musik von Stephen Schwartz, tolle Sänger:innen, tolle Choreografien. Eine humorvoller und interessanter Theaterabend. Ja, mit Bibelkontext. Aber Empfehlung auch für alle Nicht-so-close-mit-Jesus-Menschen, das könntet ihr euch ruhig trotzdem geben… auch wenn ich nicht selbst auf der Bühne stehe.

Infos und Tickets: www.theaterimneukloster.at

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s

%d Bloggern gefällt das: