#42 Premierenfieber

Im Jänner 2020, also vor über zwei Jahren, haben wir angefangen für „Godspell“ zu proben. Nicht, dass wir so lange gebraucht hätten, um das Stück hinzubekommen… aber ihr wisst ja, was in der Zwischenzeit so alles passiert ist. Es ist schon seltsam: Im Theater im Neukloster hätten wir in nonpandemischen Zeiten wohl in der Zwischenzeit schon zwei neue Musicals erprobt und mit dem zweiten jetzt Premiere gefeiert. Wir haben da so einen Rhythmus: In der Vorweihnachtszeit Märchenmusicals für Kids und Familien (geschrieben von Florian und Irene Scherz, also Theater-Eigenmarke) und im Frühling „normale“ Musicals. Worauf ich hinauswill: Die Zeit vergeht, falls es euch noch nicht aufgefallen ist. Wenn man, so wie ich, seit mehr als zwei Jahrzehnten eng mit dem Theater verbunden ist, sind Jahreszahlen ziemlich vage – aber in Erinnerungen meistens mit einer bestimmten Produktion verknüpft. So frei nach: „Das muss in dem Jahr gewesen sein, in dem xy mitgespielt hat“… „Das muss im Jahr von „Hairspray“ gewesen sein, ich kann mich noch an die Frisur erinnern, die ich extra schneiden haben lassen“, „Das muss im Jahr von „Pippin“ gewesen sein, da waren x und y ja noch zusammen“. So formiert sich ein eigener Erinnerungskosmos.

Der legendäre Jump in „We Beseech Thee“ hat so etwas wie Tradition. (c) Theater im Neukloster

Und innerhalb dieser zwei Jahre ist uns einiges dieser Verknüpfungen abhandengekommen. Andererseits haben wir jetzt natürlich Sätze wie: „War das das Jahr in dem wir uns alle mit Corona in der Probe angesteckt haben?“ oder „Stimmt, das war das Jahr mit dem ersten Lockdown, wo wir nach zwei Monaten Probearbeit nach der ersten Durchlaufprobe in diesen absurd unendlich wirkenden Lockdown gegangen sind“. Jede Produktion ist so etwas wie ein (kurzer) Lebensabschnitt. Ich kann mich an viele persönliche Ereignisse erinnern, die ich irgendwie mit Stücken verbinde. Anfang Mai jetzt habe ich übrigens ein „Dienstjubiläum“ anderer Art gefeiert: Zehn Jahre als Redakteur bei der „Presse“. Und ich weiß das auch deshalb ganz genau, weil ich damals wenige Tage vor der Premiere von „Blutsbrüder“ mit dem neuen Job angefangen habe. Es war 2012. Diese Dinge bleiben verknüpft.

Und so ist es trotz einiger Pandemie-Anekdoten in dem Zusammenhang doch seltsam gewesen, zwei Jahre im selben Stück „gefangen“ zu sein. In dem Fall ist die „Godspell“-Probenzeit zum Beispiel auch fast vollkommen gleichzusetzen mit meiner Ausbildung im Complete Vocal Institute in Kopenhagen, die drei Jahre dauert. Ich habe im Herbst 2019 meine Ausbildung zum zertifizierten CVT-Coach angefangen, im Jänner 2020 haben wir mit „Godspell“ zu proben begonnen. Jetzt, im Mai 2022 ist endlich Premiere. Im Juni 2022 werde ich meine letzte Prüfung machen und Graduation feiern. Schon schräg.

In „Godspell“ stehe ich übrigens nicht auf der Bühne, sondern bin „nur“ als musikalischer Leiter aktiv. Heißt: Ich habe alle Lieder mit Chor und Solisten einstudiert, daran gefeilt und gemeinsam mit der Liveband dann zu einer möglichst runden, groovigen Sache geformt. Ich mache das so ungefähr jetzt seit „Beth und ihre Schwestern“, das war 2007. Auch wenn sich das nächste Jahr ohne ihn – und das haben sich glaube ich alle, die damals mitgespielt haben, für alle Ewigkeit eingeprägt – dann fast als noch spezieller erwiesen hat. Aber das lag wohl vor allem am Stück… *Räusper* „High School Musical“ *Räusper“…

Was sich seit 2007 nicht geändert hat: Diese gemeinsame Freude, an einem neuen Musical zu arbeiten, ist einfach ein Traum. Natürlich gibt’s auch Frust zwischendurch. Dinge, die nicht so funktionieren. Aber das macht es doch zu dem Erlebnis, das es ist. Eine Reise. Jede Produktion auf’s Neue. Danke dafür!

Und die „Godspell“-Reise geht am Sonntag zu Ende, wenn die Aufführungen beginnen. Jede Premiere war für mich immer schon seltsam, wenn das Licht nach der ersten Aufführung ausgeht. Ein Gemisch aus Dankbarkeit, Euphorie, Freude, Stolz und Traurigkeit, dass es bald vorbei ist. Ich glaube, dass mich dieses Gefühl (dass ja wohl viele Menschen kennen, wenn man auf etwas hinarbeitet, hinfiebert), sehr viel gelehrt hat. Die Experience ist nicht die Performance vor Zusehern, auch wenn sie ein großer Teil davon ist, ein Ziel, auf das wir hinarbeiten. Die Erfahrung ist die Zeit von Jänner bis Juni (in dem Fall sogar Jänner 2020 bis Juni 2022). Was haben wir in dieser Zeit, in diesen… Jahren… nicht für schöne, komische, absurde, traurige Momente miteinander erlebt?

Das Musical heißt also „Godspell“, wir sind das „Theater im Neukloster“. Klingt dieses Jahr etwas gar katholisch für manche, die Handlung hat auch tatsächlich Jesus im Zentrum. Aber ich kann alle Menschen, die Musicals mögen, nur einladen, sich diese Show zu geben. Erstens ist es eine musikalisch-tänzerische und schauspielerische Top-Leistung der Darsteller, zweitens ist es doch auch nur die Geschichte einer Gruppe, die sich findet und sich weiterentwickeln muss. Und der Komponist ist immerhin Stephen Schwartz. Genau. Der Mann, der „Wicked“ oder „Schikaneder“ komponiert hat, oder die Songs im „Prinz von Ägypten“ beigesteuert hat. Also ein Big Guy im Musical-Business. „Godspell“ ist eines seiner ersten Werke. Und dass das Stück ankommt, zeigt alleine die Tatsache, dass es das einzige Musical ist, dass wir zum dritten Mal im Theater im Neukloster auf die Bühne bringen.

Wie gut es uns gelungen ist, das Stück auf die Bühne zu bringen und das Publikum zu begeistern, das könnt ihr ab 8. Mai im Theater im Neukloster in Wiener Neustadt anschauen. Kommt vorbei, ich bin auch jeden Termin (ohne Gewähr) dort und freu mich auf einen Plausch vor Beginn oder in der Pause am Buffet – oder einfach danach!

Mama, ich bin im Fernsehen. Und im Radio

Am Dienstag, 10. Mai, bin ich mit den Jungs von „Safer Six“ zu Gast in der ORF-Sendung “Studio 2” auf ORF2. Beginn: 17.30 Uhr. Einschalten und mitsingen! 

Dankenswerterweise dürfen wir auch auf Radio Niederösterreich auf unser neues Programm „Sound of Cinema“ aufmerksam machen. Was wir da zu erzählen haben, das hört ihr im Laufe der Woche einmal am Nachmittag. Wann genau der Beitrag ausgestrahlt wird, ist leider unklar…

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

2 Kommentare zu „#42 Premierenfieber

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