Wie viel Rolle spielen Talent, Fleiß, Anatomie, soziokulturelles Umfeld, wenn es darum geht, die eigene Singstimme zu entwickeln? Darauf kann ich dir hier kaum eine genaue Antwort geben – sorry 🙂 Aber was ich sicher weiß: Jeder Mensch kann singen. Und manchen wird leider in jungen Jahren schon gesagt, dass sie nicht singen könnten. Und dieses Label bleibt einem dann ein ganzes Leben lang erhalten. Doch zu Unrecht! Mit ein bisserl gemeinsamer Arbeit und Übung kann man Singen erlernen. Dass tatsächlich eine physisch/koordinatorische Störung vorliegt, die die Connection von Gehirn und Kehlkopf erschwert, das ist nun wirklich in den aller-aller-aller-aller-seltensten Fällen der Fall.

Ich weiß schon, jetzt kommen dann immer die Diskussionen um den Anteil von Talent und so… Ja versteht mich nicht falsch, das heißt jetzt nicht, dass ich als Gesangslehrer jede*n Anfänger*in in zwei Gesangsstunden zu Profis machen kann. Aber singen kann jede*r lernen, die Frage ist nur, wie viel man dafür übt und welche Ziele man sich steckt. Aber das Label „Ich kann nicht singen“ ist die größte Hürde, man muss sich selbst Fortschritt überhaupt einmal zutrauen.
Als Gesangspädagoge ist es eines meiner wichtigsten Aufgaben, jeder Person ein sicheres Umfeld zu bieten, in dem jeder Sound willkommen ist. Ein Umfeld, in dem es nicht um „richtige“ und „falsche“ Töne geht. Denn was passiert in uns, wenn wir nur darauf fokussieren, ob der Ton jetzt „richtig“ war? Wir blockieren. Wir haben nur noch Angst davor, „falsch“ zu singen. Anstatt uns erst auf eine gesunde Tonerzeugung, auf die Stimme und Arbeit damit zu fokussieren, bleibt das Gehirn bei der „richtig/falsch“-Einschätzung hängen – und verhindert damit jeglichen Fortschritt.
Also heißt es, zuerst einmal die Angst beiseitelegen, etwas „falsch“ zu machen; sich mit den vielen Klängen der eigenen Stimme einmal vertraut zu machen – ohne darüber zu urteilen. Bei manchen Menschen gelingt das gut über das Sprechen, wenn wir beginnen, Vokale in die Länge zu ziehen. Oder laut etwas rufen, am imaginären Gipfel eines Berges vielleicht… „Hallo Echo!“ oder Ähnliches… Andere Stimmen flüchten sich vielleicht – aus welchen Gründen auch immer – bei jeglichem Gedanken, dass das jetzt ein „Singen“ werden soll, in einen luftigen und leisen Kopfstimmklang. Auch gut. Auch damit können wir beginnen, unsere Stimme kennenzulernen.
Klar ist Intonation wichtig, aber…
Und wer dann ein Lied singen will, der muss natürlich irgendwann auch intonieren können. Für mich als Gesangspädagoge und Vocal Coach geht es immer um das Ziel der singenden Person. Soll es gar das Ständchen zum 85er von der Oma sein, dann soll das auch einigermaßen richtig klingen. Schließlich will man sich nicht blamieren oder gar abwartende Kommentare der Verwandtschaft einstreifen, die das zarte Pflänzchen Selbstbewusstsein gleich wieder zum Verwelken bringt. Umso wichtiger ist die Kommunikation: Wenn wir Technik üben (etwa lauteres Singen), dann ist mir die Intontation zum Beispiel komplett egal. Dann geht’s darum, dass die Singenden ein Gespür für ihre laute Stimme bekommen. Und selbst wenn im Ausprobieren der neuen Klänge in einer Liedphrase nicht gleich alles sitzt: lieber an der Technik schrauben, konkret Hilfestellung geben (Support, Mundöffnung, Twang… you name it), als lapidar zu sagen: „Na der Mittelteil war ja immer noch zu tief!“. Alles eine Frage der Kommunikation und des Abgrenzens. Schlechte Intonation ist eben meist eine Frage von optimierbarer Technik, wie ich hier im Blog schon einmal ausführlich einmal beschrieben habe.
Also ich lasse Sänger*innen, die ihre erst neu entdecken, nicht auf die noch so kleine Wirtshausbühne zum Geburtstagsständchen, wenn ich der Meinung bin, sie seien noch nicht so weit. Dann besprechen wir das weiter, wo wir weiter arbeiten können – immer mit den Dingen im Blick, die sich seit Beginn unserer Stimm-Entdeckungsreise wunderbar entwickelt haben.
Langer Rede kurzer Sinn: Wirklich fast jede*r kann singen. Man darf sich nur nicht an anderen messen. Man darf sich eigene Ziele setzen. Man darf sich einfach ausprobieren, ohne sich selbst gleich zu bewerten. Wer sich das traut, wird mit etwas Übung und Ausdauer mit einer unfassbar schöne Erfahrung des sich Ausdrückens in der Musik beschenkt.
Die nächsten Termine mit der Acapella-Gruppe „Safer Six“
Programm „Sound of Cinema“
!! ABGESAGT: Freitag, 1. Juli: Schloss Gloggnitz (Krankheitsbedingt müssen wir diesen Termin leider absagen, bzw. verschieben… Wir sind noch auf der Suche evtl. nach einem Herbst-Termin)
Samstag, 27. August: Kulturhof Mödling
Freitag, 2. September: Schloss Katzelsdorf
Alle Infos dazu auf unserer Homepage!
Musicalkonzert „You Can’t Stop the Beat“
auf der Terrasse des Café Tscherte, Stadtpark, Wiener Neustadt
Donnerstag, 21. Juli, 19:30 Uhr
Mit einem Teil des Ensembles des Theaters im Neukloster arbeite ich gerade an einem abwechslungsreichen Programm für die rund eine Stunde Musicalkonzert im Rahmen des „Kultursommers“ der Stadt Wiener Neustadt. Eintritt ist frei, die Umgebung chillig, die Drinks normalerweise kühl und ausreichend vorhanden! Und endlich darf ich wieder einen meiner Lieblingssongs performen… Diesmal mit Chor!