#14 Kopfstimme 03. Und welche Kategorie von Sängerin* bist du?

Reine Spekulation – aber rein optisch würde ich tippen: „Bruststimme“, also M1. Oder? Photo by Andrea Piacquadio on Pexels.com

Das wird einer dieser Internettexte mit kruden Theorien. Ich warne ja nur. Okay, sooo krude wirds schon nicht werden, aber im Gegensatz zu meinen anatomischen Beschreibungen und Erklärungen, schreibe ich heute ausschließlich aus eigener Beobachtung. Umso mehr freue ich mich über Posts hier, direkt unter meinem Blog, oder auf Facebook. Heute geht’s darum, warum Frauen* sich tendenziell eher mit der „Kopfstimme“ plagen bzw. beschäftigen (müssen) als Männer*. Wie gesagt „eher“. So ein Satz kann nie auf alle zutreffen.

Also warum? Es gibt mehrere Faktoren. Der für mich offensichtlichste ist schlicht die Akustik, also doch wieder die Anatomie. Frauen, die für gewöhnlich mit ihrer Sprechstimme (=meistens „Brustsimme“) singen, werden untrainiert rasch – so ab f‘ – an ihre Grenzen stoßen. Klar kann man die „Bruststimme“ ausbauen, aber ab c“ wirds so richtig tricky. Es wäre sinnvoll, die Kopfstimme zu trainieren – als Alternative. Doch ohne Training und Interesse an Gesangsstunden? Wird unsere Maxine Musterfrau wohl nicht höher singen.

Wer immer schon nur tief und in M1 („Bruststimme“) singt, wird nicht plötzlich die Liebe für die Höhen entdecken. Deshalb auch mein Appell an alle Kindergartenpädagog*innen und Volksschullehrer*innen: Schwingt euch auf in die Höhen. Klar müsst ihr beim Mitsingen auch auf euch schauen, aber es ist für die Entwicklung der Kids super wichtig, dass sie in ihrem Stimmumfang singen – und das ist so ca. c‘ bis e“ und nicht in der Oktav darunter… Nur wenn die Kids auch regelmäßig wirklich ihre gesamte Range aussingen, können sie früh (wie eine Sprache) eine durchgängige Stimme nutzen.

Der „Bruch“ liegt bei Frauen einfach immer „im Weg“

Jetzt bin ich ein bisschen abgeschweift. Der wesentliche Punkt, warum Frauen* meist mehr über Kopf- und Bruststimme nachdenken (müssen), ist schlicht folgender: das f‘ liegt mitten „im Weg“ der meisten Lieder – von Kindheit an. Damit meine ich: Wer ein Kirchenlied, ein Volkslied, die Bundeshymne singen mag (und sich noch nie mit den Stimm-Mechanismen auseinandergesetzt hat) wird wohl entweder in M2 („Kopfstimme“) singen oder es als „zu hoch“ empfinden. Der Bruch – yes, I said it – liegt also meistens mitten in den Songs umadum – eben so ab f‘ ca. Ich überzeichne jetzt ein bisschen in meiner Analyse, aber das führt dazu, dass es grob zwei Kategorien (! Achtung Schubladen sind immer „böse“, aber I wanna make a point) von (Hobby-)Sängerinnen gibt: Diejenigen, die alles in Kopfstimme singen und eher darüber klagen, dass ihre Tiefen zu leise, schwach sind und die den Bruch gar nicht „kennen“. Und diejenigen die immer in Sprechstimme (also „Bruststimme“) singen und die – wenn das in der Höhe nicht mehr ohne Pressen geht – entweder gar nicht mehr singen oder in eine luftige und leise – weil untrainierte – Kopfstimme wechseln und damit so gar nicht glücklich sind, weswegen ihnen rasch alles „zu hoch“ ist. Und das ist eben die Arbeit von uns Gesangslehren und Coaches – dieses Ungleichgewicht auszugleichen.

Erkennst du dich in dieser Analyse wieder, liebe Leserin*? Klick doch bitte in meine Umfrage hinein 🙂

Es gibt natürlich auch weitere Einflüsse – außer Hörgewohnheit und Singen im Kindergarten… Anatomie zum Beispiel. Jeder Kehlkopf ist anders. Nur damit das auch gesagt ist. Diese Dinge auseinanderzudividieren ist gar nicht so leicht. Jedenfalls sollte man sich nicht auf so vorgefertigten Urteilen ausruhen – „Mein Kehlkopf kann das nicht“, oder: „Ich bin halt eine Kopfstimme-Sängerin, mir ist das zu tief“. Haha. Ihr wisst, worauf ich hinaus will?

Kopfstimme/Falsett bei Männern? Oft konnotiert mit „zu hoch“

Und Männer? Für die ist Kopfstimme (oder Falsett, wie manche zu diesem Stimmmechanismus sagen bei Männern) oft (im Hobby-Gesang) der letzte Ausweg. Denn auch untrainierte Stimmen kommen meiste relativ easy zum c‘ oder d‘. Das reicht für Volkslieder oder Kirchenlieder meistens völlig aus. Da ist kein Bruch – yes, I said it again – im Weg. Wir Männer können also im Alltag oft alles in Bruststimme singen, ohne dass uns da irgendeine Akustik-Regel in die Quere kommt.

Pro-Tipp: Wer ein Happy-Birthday anstimmen möchte, startet höchstens am A. Da können meistens alle mit. Auch wenn’s für Männer und Frauen, die eher Kopfstimme bevorzugen, recht tief beginnt, dafür sind beim letzten happy BIIIIRTHday – das ist der kritische Punkt, das kennen wir doch alle 🙂 – am A in der Oktave noch einigermaßen alle dabei!

Das hat alles natürlich mit Anatomie und Akustik zu tun. Männer haben eher längere Stimmbänder, Frauen kürzere. Also. Nochmal mein Appell an die Pädagog*innen dieses Landes: immer schön hoch singen mit den Kids. Das kann wirklich helfen (auch den Buben). Natürlich: Wenn die Kids das nicht gewohnt sind, langsam rantasten 🙂 Nicht gleich übertreiben. Aber vor allem, wenn du vielleicht eher eine von denen bist, die lieber in ihrer Sprechstimme singen: schwing dich in die Höhen zu den Kids dazu!

Immer schön brav Ariana Grande hören

Ich hoffe, ich habe mit meiner Typisierung niemanden beleidigt 🙂 Wie gesagt, jede*r Sänger*in ist anders. Es ist aber tatsächlich so, dass mir diese zwei Zugänge/Gewohnheiten zum/beim Singen oft begegnen. Ein Nebenaspekt: Viele junge Mädels singen natürlich bei ihren Vorbildern im Radio (okay, eher Youtube und Tiktok) mit, auch dabei bildet sich natürlich eine Gewohnheit in den Stimmbändern – oft eher eine zu M1 – also Bruststimme. Auch diese Hörvorbilder können eine große Rolle bei der eigenen Stimmentwicklung spielen. Also, liebe Mädels und Jungs: ganz viel Ariana Grande hören. Dann kann fast nix schiefgehen, die kann alles. ;p

Ich wünsch euch eine schöne Woche. Und nicht zu viel über Kopf- oder Bruststimme nachdenken beim Singen. Einfach Spaß haben zwischendurch. Ganz wichtig: Wir lassen uns unsere Stimme nicht auseinanderdividieren! Dennoch hoffe ich, mein M2-Special war einigermaßen interessant für euch! Happy #vocalfriday! Passt auf euch auf!

*Ich bemühe mich in meinen Texten, alle Menschen sprachlich miteinzubeziehen, also auch zum Beispiel inter-, genderfluid- oder nonbinäre Personen. Der Gesang ist (man denke auch an Stimmeinteilungen in Chören) oft ziemlich verfestigt in seinen Geschlechterrollen und -zuweisungen. Auch für Transpersonen ist das oft eine Hürde. Ich will hier lediglich darauf hinweisen, dass mir das sprachliche Problem in diesem Blogeintrag vollkommen bewusst ist. Es ist eine generelle Kategorisierung, die, was die Anatomie betrifft, bei vielen Menschen klar zutrifft – aber auch nicht bei allen, die sich klar einem Geschlecht zugehörig fühlen.

Coming up on Vocalfriday #13

Oh, du liebes Tagebuch – Ich ziehe meinen Joker und erlaube mir, nächste Woche ein bisserl von den anstehenden Projekten zu erzählen, auf die ich mich allesamt sehr freue – und kann mir dabei ein bisserl den Stress von der Seele reden 🙂 Vielleicht streifen wir ein bisserl das Thema Work-Life-Balance. Weil das ist als freischaffender Künstler oft gar nicht so einfach zu planen, wie sich drei Gigs im Juni 2023, die man mit Vorfreude zusagt, auf den Stress im Mai dann tatsächlich auswirken.

am 8.10. hier im Blog

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

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