#37 Der „Bruch“ muss weg!

Kurz gesagt: Wenn wir von einem Stimmmechanismus in den nächsten wechseln, kann es sein, dass ein kurzes „Kippen“, „Flippen“, „Kieksen“ oder „Jodeln“ zu hören ist. Woran liegt das? Über Stimmmechanismen lasse ich mich in diesem Blog ohnehin oft genug aus. Das Wort ist mir jedenfalls sympathischer als „Register“. „Register“ suggeriert, dass Kopf- oder Bruststimme einen Fixbereich haben. Einen Ton-Bereich, den sie nicht überschreiten dürfen. Dabei fühlt sich das für jede:n Sänger:in anders an.

Ein Stimmmechanismus greift in den anderen wie ein Zahnrad in das andere. Im Idealfall… (c) Pixabay / Gam-Ol

Dazwischen – zwischen M1 und M2 – liegt der „Bruch“. Ein sagenumwobener Ort 😉 „Da ist der Bruch“. „Hier ist dein Bruch“. Das klingt etwas gar spezifisch und „fix verbaut“. Es gibt ja auch Sänger:innen, die von sich behaupten, sie würden den „Bruch“ gar nicht wahrnehmen – weshalb es ihn ja gar nicht gebe. Aber ja, es gibt natürlich einen Ton-Bereich, wo viele ihren „Bruch“ spüren. Aber es ist schon wichtig zu sagen: Wir haben die Wahl. Die Tonhöhe bestimmt nicht automatisch den Klang. Das machen bitte schon wir!

Und >zack< – brauchen wir ein ganz anderes Setting

Wie immer ist alles eine Frage der Muskelkoordination. Wie kommen wir von einem Setup (Stimmmechanismus) in das andere? Wechseln wir plötzlich/abrupt – dann gibt’s kurze Koordinationsprobleme im Kehlkopf. Die Koordination des Luftstroms funktioniert nicht, es ist meistens zu viel Unterdruck für das neue Setting. Die Folge: Der Ton schnellt kurz in ungeahnte Höhen, die wir gar nicht wollten. Der Ton jodelt davon.

Schaffen wir es, die Muskeln von M1 laaaangsam in die Arbeit der Muskeln von M2 übergehen zu lassen, dann wird der Klang scheinbar „durchgängig“ und eben „bruchlos“. Sängerinnen, die ausschließlich in Kopfstimme singen, werden ebenfalls keinen „Bruch“ wahrnehmen. Logisch. Sie verwenden ja auch nur einen Mechanismus. Es gibt auch Sängerinnen, die diesen Übergang seit jeher einfach umsingen und das so gewohnt sind. #Neid. Also ist die Frage, ob es ihn überhaupt gibt, den „Übergang“ ein bissl diffizil zu beantworten. Es ist einfach der Wechsel von einem Mechanismus in den anderen. Wo ich will. Wann ich will. Wie ich will. Das muss ich allerdings üben. Vielleicht.

Während wir in der Bruststimme eher mit mehr Stimmbandmasse singen und etwas mehr Luftdruck brauchen, um diese Masse gut zum Schwingen zu bringen. Ist das in der „Kopfstimme“ komplett anders. Die Stimmbänder berühren sich weniger (mit weniger Masse), es brauch weniger subglottalen Druck, um sie zueinanderzuführen bzw. wieder zu lösen (für eine Schwingung von zB 440 auf einem a‘) Und genau dieser massive Unterschied in Setting und Atemführung, macht es so verdammt schwer (für viele), smooth vom einen in den anderen Mechanismus rüberzugleiten.

Zum Beispiel: Es gibt ja Töne, die ich auf derselben Tonhöhe in beiden Mechanismen singen. Für Männer wäre das zum Beispiel so ein d‘ oder e‘. Will ich erst in Bruststimme ein e‘ singen – auf einem Vokal „eh“ zum Beispiel – dann muss ich aktiv sein, brauche viel Supportenergie, notwendigen Twang – Power! Für einen Ton im Falsett (so wird die Kopfstimme bei Männern oft genannt, darüber könnten wir jetzt auch lange diskutieren) ist das ein komplett anderes Gefühl. Ich muss „nichts tun“ – zumindest nehme ich das so wahr. Bzw. vielleicht ein bisschen „gähnig“ denken, also mein Gaumensegel heben. Kinn locker. Aber sicher keine Power im Support nötig.

Glissandi und Crescendi

Ich kann den Übergang auf vielfältige Weise üben. Im Glissando (Ton schleifen) etwa. Über eine Quint oder Oktave – oder auch Terz. Wichtig ist, so „früh wie möglich“ von einem ins andere zu wechseln. Nicht „Bruststimme“ raufdrücken. Also für Frauen etwa: auf einem c‘ starten und laaaangsam hinauf zum g‘ den Ton hinaufgleiten lassen. Dabei den Stimmmechanismus wechseln. Was dabei helfen kann?

  • „Raunzen“, der „Hold“, den Ton „weinen, intensiviere das „Raunzgefühl“, wenn’s darum geht von einem ins andere zu gehen.
  • laaaangsames Glissando, gib dir Zeit, deine Stimme zu kontrollieren!
  • der richtige Vokal: „Bruststimme“ vielleicht ein „eh“, dann für den Übergang zu einem „uh“ oder „ih“ wechseln.
  • Laaaangsam den Vokal mit der Zunge wechseln.
  • Stell dir vor, der Ton wandert deine hintere Rachenwand hinauf/hinab oder an deiner Nase entlang.
  • Stütze! Dort wo die Stimme wackelig ist, wo sie Troubles hat, brauchen wir die nötige Energie und Stabilität
  • Wechsle früh, nicht ein Setting pushen. Sonst ist der Unterschied zu groß.

Besonders spannend ist für mich, den Übergang auf einem Ton zu üben. Also ein Crescendo. Ohne Absetzen. Für Männer wie gesagt ein d‘ oder e‘, für Frauen könnte es so ab f‘ funktionieren – das hängt von euren Singgewohnheiten ab. Leise in der „Kopfstimme“ anfangen, dann lauter werdend in einen klaren, kräftigen „Bruststimmton“. Auch hier gilt: Der richtige Vokal hilft. Sich KEIN „Uh“ in der „Bruststimme vornehmen… 😉 vor allem in höheren Lagen, wo das Setting alleine schone eine Herausforderung ist.

Die Übung an sich, das Kontrollieren des „Übergangs“, ist ideal für die Kontrolle der Stimme. Aber es fällt nicht jeder*m so leicht. Schaut, in welcher Lage es besser klappt – oder in welche Richtung (also von oben nach unten oder umgekehrt). Manchmal hilft auch, weniger darüber nachzudenken. Habt Spaß damit. Versucht Kopfstimmtöne so klingen zu lassen, als wären sie Bruststimme und umgekehrt. Spielt mit den Klängen.

Und ja, das könnten auch die Herren ein bisserl mehr üben. Männer vernachlässigen ihr Falsett nur allzugern. Dabei kann es ein super Tool sein, sich in den Höhen ein bisserl auszubreiten.

Na dann, los geht’s! Probiert mal aus und meldet euch, falls Fragen auftauchen!
Schönen #vocalfriday!

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

Hinterlasse einen Kommentar