#13 Kopfstimme 02. Tipps und Tricks

(c) leemurry01/pixabay – immer schon den Mund öffnen und das Kinn locker lassen, dann klappt’s anfangs vielleicht leichter mit der Kopfstimme. Ist aber kein Muss. Eh klar.

Willkommen zurück in meinem kleinen Kopfstimme-Schwerpunkt. Einfachheitshalber lasse ich die Anführungszeichen heute weg 🙂 Warum der Begriff „Kopfstimme“ ein bisschen verwirrend sein kann, darüber habe ich letzte Woche geschrieben. Ich meine damit jedenfalls die Randstimmenfunktion, die bei Männern auch oft „Falsett“ genannt wird. Also jene Stimmfunktion, bei der es einen „Bruch“ geben kann, wenn wir von einem Mechanismus in den anderen wechseln. Yes, genau wie beim Jodeln, wo das Hin und Her zwischen Kopf- und Bruststimme den Effekt erst erzeugt. Oder als Effekt im Pop/Rock, Paradebeispiel „Zombie“ von den Cranberries. Zohombie, Zoembe-ey, e-ey…. Das nennt man übrigens auch „Vocal Break“, nur dass ich das auch erwähnt hab. Heute gibt’s ein paar Tipps und Übungen, um die Kopfstimme zu stärken und zu trainieren. Vielleicht kommen dabei ein paar Wörter und Begriffe vor, die dir neu sind, nicht irritieren lassen davon. Im Zweifel gerne mal nachfragen bei mir!

Vertikal statt horizontal

Wie letzte Woche erklärt, der Einstieg kann etwa über ein „woo“ gehen, wie im Konzertjubel. Das Setting, das dich (quasi) garantiert in die Kopfstimme bringt: locker hängendes Unterkiefer, Vokal „uh“, eher höhere Tonhöhe, keine große Lautstärke. Probier’s aus. Männer vielleicht so am g‘, Frauen am c“. Ein Vokal wie das „uh“ bringt uns fast automatisch in ein gutes Vokaltraktsetting, bei dem der Kehlkopf lieber die Randstimmenfunktion nutzt. Alleine vom Gesichtsausdruck her könnte man das als ein eher „vertikales“ Setting bezeichnen, was zum Beispiel die Mundwinkel betrifft, die nämlich eher entspannt sind. Auch die Zunge ist eher tief im hinteren Bereich, was beides wiederum Auswirkung auf die Kehlkopfhöhe, auf die Klangfarbe hat. Bei nicht allzu viel Lautstärke, wird unser Kehlkopf lieber in den Kopfstimme-Mechanismus (M2) gehen, weil es (für die meisten von uns) da einfacher ist. Dieses „vertikal gedachte“ Setting kann ich aber auch auf andere Vokale übertragen. Statt auf einem „eh“ Zähne zu zeigen, also „zu lächeln“ und eine breite Hinterzunge zu formen, können wir auch ein „langes Gesicht“ machen. Aber das muss natürlich nicht zwingend so sein. Wenn ich die Kopfstimme ohnehin immer abrufen kann, dann will ich vielleicht lieber eine hellere Klangfarbe wählen. „Vertikal“ kann ein Trick sein, den ich aber auch wieder weglassen kann.

Aber jetzt versuchen wir das Setting zu halten und machen ein Glissando nach unten – ohne dabei in die Bruststimme zu wechseln. Dabei fällt auf (wenn wir nicht aktiv dagegen arbeiten): Der Ton wird schwächer und leiser je tiefer wir in der Tonhöhe gehen. Und irgendwann wird der Ton in die „Bruststimme“ übergehen – gut trainiert vielleicht elegant überblendet oder ein bisschen rough mit einem kleinen entzückenden Kiekser 🙂 Das hängt ganz davon ab, was unsere Stimme gewohnt ist, was unser Muskelgedächtnis so gelernt hat, was unser Gewohnheitszustand ist.

Hörbare Luftgeräusche vermeiden – aber wie

Ein gängiges „Problem“ in der Kopfstimme bei Jungs und Mädels jeden Alters kann es sein, dass der Kopfstimmenton „dünn“ klingt, mit hörbarer Luft. Es sind also hauchigere Töne. Das kann in der Song-Interpretation in Pop/Rock ganz cool sein, aber vielleicht will ich auch mal „vollere“ Töne singen, und kraftsparender in der Höhe singen ohne gleich jegliche Power abzugeben. Immer gut: Arbeit an „Stütze“ und „Support“ (immer eine schlaue Antwort, gell?). Disclaimer: Wenn du die folgenden Dinge ausprobierst, achte auf dich und tu das, was dir gut tut, bzw. was du nachvollziehen kannst… Ohne direkte Anleitung kann mein Geschreibe vielleicht auch etwas verwirrend sein. Nicht vergessen, das hier ist ein locker flockiger Blog und kein Lehrbuch.

  1. „Glottisschlag“, eines dieser schönen, deutschen Wortungetüme… Anstatt einen Ton mit einem mehr oder weniger deutlich hörbaren „h“ ein bisschen schleichend zu beginnen, versuche einen direkten Stimmeinsatz. Sag‘ das Wort „Igel“. Sag das Wort nochmal, ziehe den ersten Wokal „i“ in die Länge. Jetzt sag „Higel“. Merkst du den unterschiedlichen Ansatz? Und jetzt probiere beide Varianten in „hoher Elfenstimme“ = Kopfstimme. Der direkte Stimmeinsatz – also Igel, nicht (h)igel – kann ein erster Schritt sein, meistens braucht es aber noch:
  2. Twang. Es müssen nicht gleich die BeeGees sein, aber ein bisschen Twang, also das verengen des Kehlkopftrichters, kann dabei helfen, einen „besseren“ Stimmbandschluss zu finden. Physikalisch gesehen, erkläre ich das gerne ein anderes Mal. Bildlich/akustisch gesprochen, könnten die BeeGees als Einstieg aber gar nicht so schlecht sein, um eine Idee davon zu bekommen. Oder probiere das Wort „Twang“ (gesprochen: „Twäng“) auf einem Ton in Kopfstimme zu singen. Oder kombiniere das mit einem direkten Stimmeinsatz (Punkt 1): Äng 🙂 Oder nur den Vokal Ä.
  3. Hold. Der sogenannte „Hold“ ist ein Trick aus der CVT-Werkzeugkiste, der ein gewisses Setting auslöst und über den ich alleine einen ganzen Blogeintrag schreiben kann. Als Quicktipp (wenn die Zeit nicht für Details von „Hold“ reichen) nenne ich den Trick manchmal „Raunzen“ oder „Winseln“, wobei genaugenommen sind das verschiedene Tipps. Wir fügen unserem Ton also eine Art „Widerstand“ bei, was wiederum rein metaphorisch ist. Manchmal fühlt es sich auch mehr wie „Zeitlupe“ an. Probiert mal ein bissl Wienerisch „Oida naaaa“ zu sagen (in Brustsimme und dann in Kopfstimme, was ein bisserl eigenartig klingt). Jedenfalls: nutzt die Gedehntheit der Vokale und den raunzerischen Grundton (der anatomisch viele Dinge auslöst), das kann uns auch in der Kopfstimme helfen, den Ton von hörbarer Luft zu befreien.
  4. „Winseln“. Machen wir hier noch einen extra Ton. Gehört ein bisschen zum Hold dazu, hat aber andere Elemente. Zum Beispiel, dass bei der Klangvorstellung „Winseln“, die meisten automatisch schon ‚mal die Kopfstimme parat haben. Wichtig ist: nicht zu laut zu „winseln“, was ja nichts anderes als ein „ng“ ist. Und dieses leichte „Winselgefühl“ können wir als Übung gerne am Anfang in eine „ng“-Glissando-Quint übertragen. Wichtig: eher leise und ohne hörbare Luftgeräusche.
„Avoiding the Break“ – Die Pause vermeiden? 🙂

Und dann wollen wir mit dem „ng“, wenn das gut klappt in der Kopfstimme, gleich eine ganze Oktave üben – mit „Übergang“ von Brust- zu Kopfstimme. Für Frauen evtl. von d‘ aufwärts bzw. von d“ abwärts, für Männer von G aufwärts, bzw. von g‘ abwärts. Hier ein paar Tipps und Gedanken, wie ihr den Kiekser, den Bruch vermeiden könnt. Es wird nicht von heute auf morgen gehen und vielleicht braucht es wohl auch ein bisserl konkretere Hilfe eures Coaches.

  • Früh genug „wechseln“ denken, nicht die Bruststimme quetschen, bis ein Bruch unvermeidbar ist. Eher denken: „Langsam ausdünnen“, „langsam schmäler werden“.
  • Die Lautstärke in beiden Mechanismen gleich gestalten, bzw. die Bruststimme vor allem medium laut und leiser werdend denken. Generell das „ng“ nicht laut.
  • Probiere Liptrills (Luft durch die Lippen) im Glissando (Ton gleiten lassen), wenn es mit „ng“ nicht klappt – oder andere SOVT-Elemente wie v, dj, Zungen-R oder auch summen und auf Vokal „uh“.
  • Den Ton an der Rachenrückseite wie im Aufzug hinunter und hinauf mitfahren lassen (bisschen weirde Metapher, i know)
  • Das „Winseln“, den „Hold“ rechtzeitig intensivieren, bzw. die ganze Oktave damit gestalten, vor allem im „Übergang“.
  • Langsam vom Gas gehen beim oben singen, spüren wie die Stimmbandmasse langsam abnimmt.
  • Das Glissando als vertikale Linie vor dir sehen und nachzeichnen.
  • Leise Töne brauchen viel „Stütze“, nicht vergessen.
  • Von oben nach unten ausprobieren, vielleicht funktioniert es leichter so?

Ihr seht also, es gibt ganz unterschiedliche Ansätze und Gedanken zum Thema stärken der Kopfstimme. „Ng“-Übungen und generell SOVT-Übungen (Liptrills, „dj“, „v“, mit Strohhalm oder Blubberschlauch), Twang-Übungen in der Höhe können wesentliche Schlüssel sein, die Kopfstimme zu stärken, falls hier Bedarf herrscht. Wenn ich einen meiner Gedanken dazu genauer ausführen soll oder wenn es Fragen gibt – nur her damit! Beantworte ich gerne. Wenn ihr mit der Kopfstimme ein bisserl „kämpft“, gebt euch Zeit. Arbeitet konsequent jeden Tag ein paar Minuten mit einer Übung. Holt euch guten Rat aus wirren Blogs :-p. Haha.

Ich wünsche euch ein schönes Wochenende mit ganz viel Singen und Musik!

Hier noch eines meiner liebsten Youtube-Videos zum Thema Jodeln von Mal Webb. Ein Ton, also eine bestimmte Tonhöhe, kann eben auch in Brust- und Kopfstimme gesungen werden. Also nicht gleichzeitig natürlich…. 🙂 Nur weil ich letzte Woche auch ein bisschen geschrieben habe, warum es keine „fixen“ Register gibt und der Begriff daher etwas verwirrend ist. Viel Spaß damit 🙂 #eyebrowgoals

Coming up on Vocalfriday #13 – 15

DAS GROSSE M2-SPECIAL

#14 – erscheint am 8.10.
Warum Männer im Alltag weniger mit ihrer Kopfstimme in Berührung kommen und Frauen von Anfang an in ihrem Sängerinnensein den „Bruch“, den „Vocalbreak“ eher spüren. Und warum es wichtig ist, Kids in Kindergärten und Schulen in ihrem angestammten Tonumfang singen zu lassen – und nicht in der Wunsch-Tonart der vielleicht etwas Höhen-scheuen Pädagog:innen.

Veröffentlicht von Klemens Patek | vocalfriday

Vocal Coach | Sänger - Frage drei Gesangslehrer und du bekommst vier Antworten. Hier bekommst du die fünfte ;) Bei mir geht's ums Singen, um Gesangstechnik, um CVT (Complete Vocal Technique) und Themen wie Achtsamkeit, Selbstvertrauen und Künstlersein. Bin gespannt, wohin mich die Reise führt. Das wichtigste für mich: Respekt und freundschaftlicher Austausch. Bashing anderer Künstler oder Coaches liegt mir fern. Mein Motto: Richtig ist, was dem/der Sänger*in gut tut und konkret weiterhift!

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